Die Dienstleistungsspezifikation eines
Übersetzungsdienstleisters definiert
verbindliche Vorgaben, die alle
inhaltlichen und formalen Anforderungen
an eine auszuführende
Übersetzungsdienstleistung enthalten.
Sie ist vom Auftraggeber auszufüllen. Im
Zusammenhang mit der Norm EN 15038 für
Übersetzungsdienstleistungen „muss der
Übersetzungsdienstleister mit dem Kunden
eine Vereinbarung treffen […]. Diese
Vereinbarung enthält die […]
Dienstleistungsspezifikation“. Sie kann
als Formblatt in einem
Übersetzungsdienstleistungsunternehmen
eingesetzt werden und legt neben den
erforderlichen Vorgaben für die
Erbringung der Dienstleistungen die
konkreten Erwartungen des Auftraggebers
an die Übersetzungsdienstleistung – die
Kundenspezifikation - fest.
Beschreibung
In der Dienstleistungsspezifikation
werden die Bedingungen und Anforderungen
eines Übersetzungsauftrages erfasst.
Durch Bereitstellung von
Zusatzinformationen wird ein
effizienteres und auf die Kundenwünsche
feiner abgestimmtes Arbeiten ermöglicht,
was erheblich zur Qualitätssicherung
beiträgt.
EN 15038:2006
Die Europäische Norm für
Übersetzungsdienstleistungen EN 15038,
die am 1. August 2006 in Kraft getreten
ist und in Deutschland die DIN 2345
abgelöst hat, erwähnt im Abschnitt
„Vereinbarung zwischen dem Kunden und
dem Übersetzungsdienstleister“ die
Dienstleistungsspezifikation, die in der
Vereinbarung zwischen beiden Parteien
enthalten ist und für die Erbringung der
Dienstleistung erforderlich ist.
Zudem hält die Norm in Abschnitt
„Arbeitsprozesse für die Erbringung von
Übersetzungsdienstleistungen“ fest, dass
bei Übersetzungsaufträgen, die
„Dienstleistung auf Richtigkeit und
Vollständigkeit sowie auf die
Übereinstimmung mit der Vereinbarung
zwischen dem Kunden und dem
Übersetzungsdienstleister geprüft
[wird].“ Der erhaltene Ausgangstext
bildet dabei die Grundlage und soll auf
die Realisierbarkeit der getroffenen
Vereinbarungen geprüft werden. Neben der
Makrostruktur mit Thema, Textgattung und
Sprachregister, Textfunktion und
Textsorte, vereinbarten
Textkonventionen, Superstruktur und
nonverbalen Elementen wie Abbildungen
und Grafiken ist die Mikrostruktur mit
den Feldern Pragmatik, Grammatik und
Syntax, Lexik und Semantik und
suprasegmentalen Merkmalen zu
berücksichtigen.
Aufzeichnungen über „spezielle
sprachliche Anforderungen“ können „die
Einhaltung von kundenseitigen
Stilrichtlinien, die Adaption der
Übersetzung an eine vereinbarte
Zielgruppe, die Ausrichtung auf einen
bestimmten Übersetzungs- oder
Verwendungszweck, die Verwendung
geeigneter Terminologie oder die
Aktualisierung von Glossaren“
beinhalten.
Der Übersetzungsdienstleister hat sich
an mögliche Stilrichtlinien, die vom
Auftraggeber bereitgestellt werden, zu
halten. Zu diesen Vorgaben gehören
beispielsweise die Interpunktion, die
Schreibweise, die Formatierung,
konventionsbedingte Anpassungen und
Kulturspezifika sowie terminologische
Festlegungen.
Im Zusammenhang mit dem zu übersetzenden
Text ist es wichtig, „die
ausgangssprachlich gegebene
Textbedeutung so in die Zielsprache (zu)
übertragen, dass der Zieltext den Regeln
der Zielsprache und den Anweisungen des
erhaltenen Übersetzungsauftrags
entspricht.“ Folgende Punkte können
Berücksichtigung finden: Terminologie,
Grammatik, Lexik, Stil, Locale,
Formatierung sowie Zielgruppe und Zweck
der Übersetzung.
Sofern eine fachliche Prüfung gefordert
wird, muss der Übersetzungsdienstleister
diese veranlassen. Allen in der Norm
angeführten Anforderungen kann durch
eine entsprechend detailliert
ausgeführte
Dienstleistungsspezifikationen
entsprochen werden.
Bedeutung
Für die optimale Übertragung der Inhalte
aus einem Ausgangstext ist eine klar
definierte Spezifikation mit
Informationen bezüglich
Sonderterminologien, spezifisch
lexikalischer Bedeutungen (interner
Fachjargon) u.a. von großer Bedeutung.
Sie können unverzichtbares
Hintergrundwissen beinhalten, das für
die Qualitätssicherung unerlässlich ist.
Klar definierte Arbeitsanweisungen in
der Dienstleistungsspezifikation seitens
des Auftraggebers sind für das optimale
Verständnis zwischen beiden Parteien von
großer Bedeutung. Der Ausgangstext liegt
in der Verantwortung des Auftraggebers
und sollte eine explizit artikulierte
Vorlage darstellen und in allen
semantischen Hinsichten verbindlich
sein. Besteht nicht der ausdrückliche
Wünsch seitens des Auftraggebers, ist es
nicht Aufgabe des Übersetzers, in den
Inhalt der Vorlage einzugreifen. Eine
Übersetzung spiegelt im Idealfall das
Qualitätsprofil der Vorlage wieder.
Sprachmittler enthalten sich jeder
Stellungnahme zum Inhalt des Textes und
sind nicht für ihn verantwortlich, auch
wenn er sich nach der Übersetzung
sprachlich oder inhaltlich nicht so
günstig darstellen sollte, wie der
jeweilige Autor dies beansprucht.
Veränderungen im Text gegenüber dem
Ausgangstext dürfen nicht willkürlich
von Übersetzern vorgenommen werden.
Neuformulierungen kann ein Übersetzer
nicht leisten, da er sich an den
vorgegebenen Text halten muss. Wie frei
ein Text zu übersetzen ist, soll in der
Dienstleistungsspezifikation definiert
werden. Es besteht jedoch keine
Gewährleistung, dass dabei die
Neuformulierungen dem individuellen
Geschmack des Auftraggebers entsprechen.
Wird ein Auftrag gegebenenfalls nicht
exakt spezifiziert, können eventuelle
Ambiguitäten, textliche Unschärfen,
verdeckte inhärente
Widersprüchlichkeiten, Auslassungen bis
Unvollständigkeiten, stilistische und
logische Brüche nicht offengelegt
werden. Eine
Dienstleistungsspezifikation soll das
Zurückgreifen auf Mittel wie
Interpretation und Extrapolation zur
Überwindung der Uneindeutigkeiten
vermeiden und eine bis in den Wortsinn
und in die stilistische Diktion
sinngetreue Übertragung der Vorlage
gewährleisten. Dabei ist zu beachten,
dass semantisch-syntaktische
Eigengesetzlichkeiten der jeweiligen
Zielsprache mit ihren charakteristisch
gelagerten Akzentuierungen,
Sinnperspektiven wie auch Wortschatz und
Terminologiestrukturen beachtet werden
und kulturell bedingter
Wissenshintergrund sowie
mentalitätsgebundene Sprach- und
Vorstellungsdynamik gebührend
einberechnet werden. Auf diese Weise
kann bei landesspezifischen Strukturen
in Systemkomplexen wie Bildung,
Verwaltung und Recht ein äquivalenter
Terminus bzw. eine exakte Übertragung
gewährleistet werden.
Vorgehensweise
Zur Vermeidung von Fehlern und
Ungenauigkeiten erfordern Texte eine
genaue Abklärung. Damit die Übersetzung
der Intention des Auftraggebers optimal
entspricht, ist dessen Kooperation eine
unverzichtbare Vorbedingung. Der
Spezifikationsgrad eines Auftrages bzw.
einer Dienstleistung reicht von einer
einfachen Präzisierung über eine
eventuell kommentierte Ergänzung bis hin
zur zusätzlichen Aufgabe einer
Neubearbeitung oder sogar einer
selbstständigen fremdsprachlichen
Texterstellung nach inhaltlichen
Vorgaben. Die Spannweite der
Spezifikation richtet sich individuell
nach Textsorte und Textintention. Die
angegebenen Parameter können den
Handlungsspielraum öffnen oder
begrenzen.
Wenn keine abweichenden Vorgaben zu
berücksichtigen sind, wird die
Auftragsbearbeitung entsprechend der
Standard-Rahmenbedingungen erfolgen.
Eine berechtigte Wertung des Ergebnisses
kann auf der Grundlage der spezifischen
Vorgaben erfolgen. Nachträglich
mitgeteilte Informationen können dann
nur noch im Rahmen eines Zusatzauftrages
berücksichtigt werden. Bei
übersetzungskritischen Absichten, also
Anmerkungen, Kommentaren, Stellungnahmen
soll mit dem Übersetzungsdienstleister
Rücksprache gehalten werden um eine
Klärung der Problembehandlung zu
erreichen.
Vorgaben des Auftraggebers
Bei den Vorgaben des Auftraggebers für
die Dienstleistungsspezifikation können
folgende Elemente auf einem
entsprechenden Formblatt berücksichtigt
werden:
Angaben zum Auftrag / zur
Dienstleistung
 |
Sprache (eventuell
landesspezifische Variante) |
 |
Texteigenschaften (Dokument,
Werbung, erzählender Text,
Fachtext, Fragebogen) |
 |
Charakteristika (Eigenschaften,
die von der Allgemeinsprache
abweichen) |
 |
Stilrichtlinie (allgemeinsprachlich,
fachsprachlich) |
 |
Abweichende Übersetzungstechnik
(z.B. Freiheitsgrad, inhaltliche
Schwerpunkte) |
 |
Terminologische Festlegungen
(Fachterminologien,
Kontrollierte Sprache wie z.B.
vereinfachte Sprache in
technischen Dokumentationen,
Kundenvorgaben) |
 |
Hintergrundinformationen
(Begleitinfo,
Übersetzungsmuster,
Paralleltexte) |
 |
Zielgruppe, Textfunktion (z.B.
Vermittlung eines sachlichen
Inhaltes für einen begrenzten
Anwenderkreis oder für eine
allgemein zugängliche
Veröffentlichung) |
Formale und technische Gestaltung
 |
Papierformat |
 |
Technische
Ausführungsbestimmungen
(Textarrangement, Grafiken,
Seitenzählung) |
 |
Layout (Schriftart,
Schriftgröße, Textanordnung) |
 |
Verwendung von Namen und
Kurzformen |
 |
Typographische Gestaltung
(Formatierung, Schriftart,
Symbole) |
 |
Titel, Berufs- und
Funktionsbezeichnungen |
 |
Gliederung, Aufzählungen,
Anordnung von Tabellen und
Abbildungen |
 |
Transliteration
(buchstabengetreue Umsetzung
eines in einer Buchstabenschrift
geschriebenen Textes in eine
andere Buchstabenschrift) |
 |
Transkription (Übertragung einer
Schrift in eine andere Schrift,
z.B. phonetische Übertragung von
Namen aus nichtlateinischer in
lateinische Schrift) |
 |
Fußnoten |
 |
Illustrationen, Grafiken,
Zitate, etc. |
 |
Literaturhinweise |
 |
Neue Benennungen (Schöpfungen
eines neuen Begriffs, der in der
Zielsprache nicht existiert) |
 |
Symbole, Abkürzungen, Einheiten,
Formelzeichen, Formeln und
Gleichungen |
 |
Fachliche Prüfung (Prüfung einer
Übersetzung durch einen
Fachmann) |
Quelle: Wikipedia |